Cottbus-Lexikon
Straßenbahn
Die Geschichte der Cottbuser Straßenbahn beginnt am Ende des 19. Jahrhunderts. Bereits im Jahr 1884 verhandelt die Stadtverwaltung Cottbus mit einer Berliner Gesellschaft, wobei die Idee zu diesem Zeitpunkt der Betrieb einer Straßenlokomotive auf Schmalspur ist. Zur Umsetzung kommt es nicht, jedoch bleibt die Straßenbahn weiterhin Thema in der Stadtspitze. 1897 denkt man über eine bessere Verwertung der Wasserkraft nach und kommt auf die Idee zum Bau eines Elektrizitätswerkes. Jedoch ist man zögerlich, weil der Bau dieses Werkes eine große Konkurrenz für das hiesige Gaswerk wäre. Zwei Jahre später, im Jahr 1899, wird der Bau eines Elektrizitätswerkes dann endgültig beschlossen. Der dort erzeugte Strom soll in erster Linie für den Betrieb einer Straßenbahn genutzt und in zweiter Linie für eine bessere Stadtbeleuchtung eingesetzt werden. Erneut zwei Jahre später erhält die Siemens & Halske AG den Zuschlag für den Bau einer Städtischen Straßenbahn in Cottbus. Verbunden mit diesem Zuschlag ist der 1899 beschlossene Bau des Elektrizitätswerkes. Die endgültige Bausumme, die für diese beiden Vorhaben veranschlagt ist, beträgt 875.000 Mark.
Ende Juni 1903 erfolgt die erste Probefahrt der Straßenbahn zum Staatsbahnhof. Einen knappen halben Monat später, am 18. Juli, wird die „Elektrische“, wie die Straßenbahn liebevoll von den Cottbusern genannt wird, offiziell dem Betrieb übergeben. Zu diesem Zeitpunkt durchfahren drei Linien die Stadt. Auf der roten, blauen und gelben Linie fahren insgesamt 15 Motor- und 3 Anhängewagen. Bereits 1910 erfolgt aufgrund der hohen Nachfrage die Erweiterung auf eine vierte, die grüne Linie, welche zwischen Oberkirche und Spreewaldbahnhof pendelt. Die anderen Linien pendeln zwischen:
- Ströbitz – Südfriedhof (blaue Linie)
- Nordfriedhof – Staatsbahnhof (gelbe Linie)
- Schützenhaus – Staatsbahnhof (rote Linie)
Im Jahr 1914 kommt sogar noch eine fünfte, die weiße Linie, hinzu, welche zwischen der Bahnhofsrampe und Wilhelmshöhe verkehrt.
Aufgrund der Einberufungen zum ersten Weltkrieg und der damit verbundenen Wirtschaftskrise, geht die Benutzung der Straßenbahn in den Folgejahren zurück, wodurch die Stadt keine wirtschaftlichen Erfolge mehr erzielen kann. Das geht sogar soweit, dass es 1923 zum völligen Stillstand kommt. Die Stadt steckt in einer wirtschaftlich schlechten Lage, sodass der Magistrat in Betracht zieht, die Straßenbahn zu verkaufen. Von dieser Entscheidung rät der Verwaltungsrat der Städtischen Werke jedoch ab. Dieser Rat hat sich auch gelohnt, denn bereits 1925 fahren wieder vier Linien (Blau, Gelb, Rot, Weiß) durch die Stadt. Im selben Jahr wird die Gleisanlage vom Südfriedhof bis Madlow verlängert. Im selben Bauabschnitt wie diese Verlängerung wird an der Wendeschleife in Madlow ein Depot mit zweigleisiger Wagenhalle und einer Dienstwohnung fertig gestellt.
Bedingt durch die Weltwirtschaftskrise zum Ende der 1920er, gibt es in der Stadt immer mehr Arbeitslose was zur Folge hat, dass immer weniger Personen sich eine Fahrt mit der Straßenbahn leisten können und somit die Anzahl der Fahrgäste enorm sinkt. Das Fahrrad wird dabei zum stärksten Konkurrenten der Straßenbahn. Erst zur Mitte der 1930er, als durch die Kriegsvorbereitungen die Arbeitslosigkeit sinkt, steigt auch die Anzahl der Fahrgäste wieder an. Vom Jahr 1941 zu 1942 ist ein Anstieg von 42 %, von 6,8 Millionen zu 9,6 Millionen Fahrgästen zu verzeichnen. Dem steht jedoch ein großer Personalmangel auf Grund der Einberufungen zum zweiten Weltkrieg entgegen. Dieser Mangel wird in den Folgejahren durch den Einsatz von Kriegsgefangenen und Zwangsarbeitern im Straßenbahnbetrieb ausgeglichen.
Als Folge des Bombenanschlags am 15. Februar 1945 und den folgenden Handlungen der letzten Kriegstage wird im April 1945 der Betrieb der Straßenbahn eingestellt. Die Schäden sind zu groß um die Linien weiter befahren zu können. Erst 1948 sind die Reparaturarbeiten so weit, dass in der Stadt wieder vier Linien der Städtischen Straßenbahn unterwegs sind:
- Madlow – Ströbitz (blaue Linie)
- Bahnhof – Schmellwitz (gelbe Linie)
- Bahnhof – Sandow (rote Linie)
- Krankenhaus – Altmarkt – Krankenhaus (weiße Linie als Ringbahn)
Im Jahr 1949 erfolgt die Übernahme der Städtischen Straßenbahn durch das Kommunale Wirtschaftsunternehmen (KWU). Aufgrund dessen erfolgt eine Bestandsaufnahme:
- 29 Triebwagen mit 1200 Plätzen
- 8 Beiwagen mit 320 Plätzen
- 20.900 m Oberleitungen
- 17.620 m Gleisanlagen
- 45 Haltestellen
Die kommenden Jahre sind davon geprägt, dass man durch Erweiterungen und Verbesserungen mit der steigenden Passagierzahl mithalten möchte. 1952 werden unter anderem die zuvor farbigen Linien durch Nummern ersetzt. Die rote Linie wird Nummer 1, die blaue Nummer 2, die gelbe Nummer 3 und die weiße Linie Nummer 4.
In den 1960er und 70er Jahren findet ein vermehrter Ausbau des Streckennetzes statt. Hauptmerkmal dabei ist, dass an den Endhaltestellen Wendeschleifen eingebaut werden, was den Einsatz von sogenannten Einrichtungszügen ermöglicht. Bis zum Jahr 1965 erfolgte das Bezahlen der Fahrt fast durchgängig bei einem Schaffner. Das ist nun mit der endgültigen Einführung des Zahlboxenbetriebes Geschichte.
Am 6. Oktober 1968 bekommt die Städtische Straßenbahn ein neues Logo und es erfolgt die Umbenennung zum VEB Cottbusverkehr. 1974 wird in der Innenstadt ein neuer Knotenpunkt eröffnet, die Haltestelle Stadtpromenade. Sie löst den langjährigen Knotenpunkt in der Spremberger Straße ab und somit auch das Bild, dass die Straßenbahn durch die „Sprem“ fährt.
Nach der politischen Wende 1990 gliedert sich das uns heute bekannte Unternehmen Cottbusverkehr aus dem VEB Kraftverkehr Cottbus heraus. 1991 kommen die Gelenkwagen der Straßenbahn zum Einsatz und im Zuge dessen, werden die zweiachsigen Einheitswagen endgültig abgeschafft. Bereits 1994 erfolgt in Vorbereitung auf die BUGA ein Streckenausbau für alle Linien. Außerdem wird eine fünfte Linie eingeführt, die vorrangig an Wochenenden und Feiertagen zwischen Neu Schmellwitz und Sandow verkehrt.
1996 wird der erste Grundstein für den neuen Betriebshof in Neu Schmellwitz gelegt, welcher am 2. September 2002 fertig gestellt wird und ein Jahr später den einhundert Jahre in Betrieb gewesenen Betriebshof in der Berliner Straße ablöst.
Auch aktuell im Jahr 2018 besitzt Cottbusverkehr noch 5 Straßenbahnlinien, von denen eine hauptsächlich für Fahrten an Wochenenden und Feiertagen eingesetzt wird. Diese fünf Linien werden von 21 Straßenbahnen befahren, welche auf einem Streckennetz von 29,2 km unterwegs sind, 49 Haltestellen anfahren und jährlich über 11 Millionen Fahrgäste befördern.
Siehe Auch: Werner, Paul , Parkeisenbahn Cottbus, Bahnhof Cottbus, Spreewaldbahn
Quellen:
Ebersbach, Wolfgang: Chronik der Cottbuser Straßenbahn. VEB Cottbusverkehr. Cottbus 1975. | Schatz, Mario ; Thomsch, Ulrich: Straßenbahn in Cottbus. 2003 | Internetauftritt von Cottbusberkehr (http://www.cottbusverkehr.de)
Bildquelle:
Foto Städtische Sammlungen; Fotograf unbekannt
Autor:
Ricardo Wanke